Der Supersaw hat seit Mitte der 90er Jahre Musikstile wie Trance und Techno, aber auch Trap und Dance-Pop entscheidend mitgeprägt. Beim Supersaw werden mehrere Sägezahn-Wellenformen (Saw) innerhalb eines einzelnen Oszillators von leicht bis heftig gegeneinander verstimmt, sodass ein schräger, manchmal auch falsch klingender, aber überaus prägnanter Sound entsteht. Dieser Sound wird häufig in Uplift- und Hands Up-Styles für eingängige Hooklines und hymnenartige Melodien verwendet. Der Behringer JT-4000M Micro greift die Oszillatoren des ersten Synthesizers auf, der den Supersaw populär machte. Dennoch ist die Micro-Box kein One-Trick-Pony, sondern ein vollwertiger Hybrid-Synthesizer mit VA-Oszillatoren, FM-Operatoren, Ringmodulation, einem echten analogen Filter und einem Arpeggiator.
Die Oszillatorsektion des JT-4000M kann vier Stimmen erzeugen. Im Kern handelt es sich um eine virtuell-analoge Klangerzeugung, die die Standardwellenformen digital emuliert. Pro Stimme stehen zwei Oszillatoren zur Verfügung, mit denen sich typische Lead-, Bass- und Pad-Sounds erzeugen lassen. Zusätzlich gibt es neben dem beliebten Supersaw noch einen 2-OP FM Modus, der sich für harte Bässe und metallische Sounds eignet. Das analoge Tiefpassfilter teilen sich alle Stimmen nach dem paraphonischen Prinzip. Der abschließende 12-Bit-Digital-Analog-Wandler (DAC) sorgt für den authentischen Sound der Supersaw-Ära. Die Editierung kann am Gerät über Menüs und Display erfolgen, ist aber über die Synthtribe-App wesentlich komfortabler. Die M-Version des JT-4000 verfügt zusätzlich zum USB-C-Port über einen MIDI-Eingang (3,5mm) zur Ansteuerung von Geräten ohne USB.
Der JT-4000M Micro spricht natürlich Musiker an, die den Supersaw-Sound gern und häufig einsetzen. Aber darauf sollte man die kleine Box nicht reduzieren. In einem Setup aus Tabletop-Geräten kann der JT einfache Chords und Flächen liefern oder mit einem angeschlossenen Keyboard bzw. Sequenzer für typische Lead- und Basslines eingesetzt werden. Dank des zusätzlichen MIDI-Eingangs ist die Integration in ein Setup kein Problem. Übrigens: Klein und günstig heißt nicht, dass es sich beim JT-4000M Micro automatisch um einen Synthesizer für Einsteiger handelt. Natürlich kann man mit dem VA-Zwerg seine ersten Schritte in die Synth-Welt unternehmen, aber die menügesteuerte Bedienung setzt schon ein wenig Grundwissen über den strukturellen Aufbau voraus. Für Einsteiger sind die ebenfalls sehr günstigen Synthesizer aus Behringers Mini-Serie mit ihren Reglern vielleicht die bessere Wahl.
Das in Deutschland von Uli Behringer gegründete und heute in China ansässige Unternehmen steht seit dem ersten Produkt, dem Studio Exciter F, für preiswertes Equipment. Mischpulte, wie das Eurodesk MX8000, sowie unzählige Signalprozessoren und später auch Beschallungsequipment ermöglichten es unzähligen Musikern auch bei begrenztem Budget ihre Heimstudios, Übungsräume und mobilen PAs mit Equipment auszurüsten, das sonst nicht erschwinglich war. Die Produktpalette von Behringer wuchs über die Jahre ständig weiter. Durch die Übernahme weiterer Firmen, u.a. Midas, Klark Teknik und TC Electronic, kamen nicht nur neue Produktgruppen hinzu, sondern es floss auch deren technisches Know How in die Produktentwicklung mit ein.
Der JT-4000M Micro mag auf den ersten Blick nicht unbedingt live-tauglich erscheinen, doch mit dem richtigen Workaround kann er eine praktische Bereicherung für ein Setup sein. Sounds können mit der Synthtribe-App, einem 3rd-Party-Editor oder einem programmierbaren MIDI-Controller komfortabel erstellt werden. Diese lassen sich dann auf 32 Speicherplätzen für Presets ablegen, die gut organisiert eine Setlist für einen Gig abdecken können. Weitere Sounds lassen sich über die App verwalten und bei Bedarf transferieren. Da der Synthesizer über eine umfassende MIDI-Implementierung verfügt, spielt man ihn idealerweise über ein Controller-Keyboard mit genügend zuweisbaren Reglern. So können die für eine Performance wichtigen Parameter wie Supersaw Detune, FM Feedback, Decay etc. auf der Bühne intuitiv moduliert oder bei einer Jam-Session im Studio als CC-Spur aufgezeichnet werden.